Bemerkung:
Erschienen anlässlich der Ausstellung im Kunstmuseum thurgau. Text dt./engl. - «Daniel Glasers seit Kindheit bestehende Faszination für Fotografie und Film führt ihn in den 1980er- und 1990er-Jahren zur Realisierung verschiedener Kurzfilme. Nach der Matura studiert er Anfang der 1990er-Jahre an der Universität Zürich und an der ETH Zürich einige Semester Geschichte, Recht, Psychologie, Philosophie, Kunst und Filmtheorie. Magdalena Kunz studiert an der ETH Zürich und an der Universität für angewandte Kunst in Wien bei Wolf D. Prix einige Semester Architektur. 1999 schliesst sie ihr Studium an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich im Bereich Textildesign mit Auszeichnung ab. 1999 bis 2002 leitet sie das interdisziplinäre Forschungsprojekt NAHTLOS zwischen der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich (heute Hochschule der Künste ZHdK) und der ETH Zürich. Im Jahr 2000 beginnt die Zusammenarbeit von Daniel Glaser und Magdalena Kunz. 2007 entwickeln Glaser/Kunz ihre erste «Kinematografische Skulptur» – mit diesem Begriff bezeichnen die Künstler ihre Verfahrensweise, einen Körper durch ein auf ihn projiziertes Video real und lebendig wirken zu lassen. Das Video zeigt beispielsweise ein sprechendes Gesicht. Dieses wird auf einen dreidimensional geformten Kopf geworfen, so dass der Eindruck entsteht, Mund und Augen bewegten sich tatsächlich. Gesprochene Texte, teilweise auch Gesang, ebenso die in Kleidung gehüllten Figuren, vervollständigen die Illusion, einer Live-Performance beizuwohnen. Der lebensechte Eindruck wird bei manchen Arbeiten vom Künstlerduo gezielt gebrochen: Auf den in zwei Teile gespaltenen Kopf der Videoskulptur FRANZISKA (2012) sind zwei Gesichtshälften projiziert, die im Widerstreit sprechen, singen und archaische Laute von sich geben. Zusammen mit dem aus verschiedenen Holzelementen und -kisten zusammengesetzten Körper verweist FRANZISKA auf den fragmentarischen Charakter des Menschseins. Hier liegt der Vergleich mit Tony Oursler am nächsten. Doch anders als der amerikanische Künstler inszenieren Glaser/Kunz ganze Figurenensembles und real wirkende Szenerien. Glaser/Kunz arbeiten in der Tradition der Performance: Im VOICES-Zyklus (2008) unterhalten sich sechs in Decken gehüllte, sitzende Figuren über Themen wie Kriminalität, Konsum und Aufbruchsituationen. Die Textcollagen dieser «Kinematografischen Skulpturen» verfasste das Duo gemeinsam mit Slam-Poeten aus Kapstadt. PERFORMANCE (2009) zeigt das Scheitern einer Theaterprobe für ein Stück, welches die ökologische Misere, Armut und Krieg adäquat zu thematisieren versucht. Die Figuren verlieren sich in Selbst- und Sinnbefragungen und schaffen zugleich ein Sinnbild für den Orientierungsverlust der westlichen Gesellschaften. Die Arbeiten von Glaser/Kunz werden auch im öffentlichen Raum inszeniert, beispielsweise in einem Wartehäuschen am Bahnhof Winterthur (ICH IST EIN ANDERER, 2014) oder in einer Fussgängerpassage (AUTOPORTRAIT, 2007). Mit der Performance JONATHAN (2009) inszenierten Glaser/Kunz an der Art Basel eine augenzwinkernde Persiflage auf den Kunstmarkt. Mit WANDERNDE MAUER (2017) realisierten sie den Auf- und Abbau einer zehn Meter langen, mannshohen Mauer in verschiedenen Städten. Glaser/Kunz haben im Sinne eines erweiterten Skulpturenbegriffs eine spezifische Kunstform entwickelt, die sich im Spannungsfeld von Skulptur, Video, Performance und Virtualität bewegt. Ihr surreales Spiel mit der Wahrnehmung ist ein Tor zu einer narrativen, tiefer liegenden Auseinandersetzung mit der Welt.» (SIKART).
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