Bemerkung:
Seit jeher übt Tibet auf den Westen eine besondere Faszination aus. In einer landschaftlich überwältigenden Umgebung hat sich über Jahrhunderte eine einzigartige Kultur entwickelt. Ihre Wurzeln liegen in der von einer magischen Weltsicht geprägten, schamanistisch gefärbten Bön-Religion. Unzählige Rituale aus dem Ahnen-, Dämonen- und Totenkult dieser Religion haben sich trotz buddhistischer Dominanz bis heute auf dem Dach der Welt erhalten und belegen die starke Verankerung des Bön im tibetischen Volksglauben. Dieser mit über 200 Farbfotos prächtig ausgestattete Bildband gibt zum ersten Mal einen umfassenden Einblick in die Mythen und die Kultur des alten Tibet. Durch eindrucksvolle Landschaften und Lebensräume wird der Leser zu den abgelegenen Klöstern und heiligen Stätten jener Ur-Religion geleitet, ohne deren Kenntnis ein Verständnis der tibetischen Kultur und Geschichte nicht möglich wäre. "Selten ist der Sieg einer Religion über eine andere so sinnfällig und zugleich so human fabuliert worden wie der des tibetischen Buddhismus über die Vorgänger-Religion des Bön. Am heiligen Berg Kailash – es war um das 11. Jahrhundert unserer Zeitrechnung – forderte der buddhistische Asket, Mystiker und Poet Milarepa den Bönpo-Meister Naro Bon Chung zum finalen Showdown: einem Wettlauf, genauer: einem Wettfliegen auf den Gipfel heraus. Kurz vor dem Gipfel wurde der Bönpo durch einen magischen Blick Milarepas gestoppt. Naro Bon Chung stürzte zur Erde. Doch Milarepa setzte ihm nicht, wie es sonst wohl die Art der Sieger ist, den Fuss auf den Nacken, sondern überliess ihm voller Mitleid das Kloster Bön-Ri als neues Refugium. Heute ist es schwierig, die buddhistischen und die Bön-Elemente des tibetischen Lamaismus säuberlich auseinanderzudividieren. Die Geschichtsschreibung war ohnehin allemal die der Sieger. Trotzdem lebt die Tradition einer reformierten Schule des Bön bis heute weiter.