Schlagwort:
Helvetica - Allgemein, Geschichte - Politik nach 1945, Signierte Bücher, Rechtswesen
Bemerkung:
EA. Mit Widmung des Autors auf Vorsatz.«Schüttelfrost» ist eine Auswahl seiner Gerichts- und Sozialreportagen aus den letzten Jahren vor; die meisten sind in der «alten» «Weltwoche» erschienen. Im Vorwort notiert wottreng, dass er diese Geschichten nicht gesucht habe. Sie seien ihm zugeflogen, und als Sammlung erschreckten sie ihn, weil er sich nicht vorgesetzt habe, die Schweiz so zu sehen: als Puzzle von abstrusen und aufwühlenden Schicksalen, von Gewalt und alltäglichem Wahnsinn.Wottreng erzählt aufmerksam, mit teilnehmendem Blick, aber unaufgeregt und ohne etwas dramaturgisch zuzuspitzen. Die Geschichten selbst sind aufregend genug. Mit spürbarer Sympathie schreibt er über Aussenseiter und «Verschupfte» wie den «Kaspar Hauser von Leuk». Ein Sozialromantiker ist er jedoch nicht. Vielmehr ist sein Impetus der des Aufklärers: Es geht ihm um Toleranz aus differenzierter Einsicht, nicht aus Gefühlsüberschwang. Zwar wird man seinen Standpunkt mit dem Titel von Leonhard Franks Autobiografie «Links, wo das Herz ist» vermuten dürfen, doch nimmt er sich als Reporter stets zurück. Er will nicht entlarven - sondern nur beschreiben, was er sieht. Und das ist oft alarmierend genug. Wottrengs Umsicht bewährt sich besonders in jenen Geschichten, denen die Zeit nichts von ihrem Schrecken hat nehmen können, die nicht (wie viele andere in dem Buch) auch eine komische Seite haben: in der «Tragödie auf der Engelswiese» zum Beispiel, als im St. Galler Stadtteil Bruggen der Vater eines Mädchens aus Kosovo dessen Lehrer erschoss. Wottreng schafft es, diesen Fall zugleich exakt und taktvoll zu erzählen - und so, dass man das Geschehen hernach besser versteht, ohne deshalb etwas zu verharmlosen.» (NZZ)