Buchdaten / Blattgrösse:
4°,15 S. Textheft (Transkription u. Nachwort), 11 lose Bl. teils farbiges Faksimile des Originalmanuskriptes.
Bemerkung:
Eins von 500 Exemplaren. Dieses Manskript erschien 1966 in einem Auktionshaus wo es von der Stadtbibliothek München erworben wurde. Es ist zu bis dato nie erschienen.- Leopold Hermann Oskar Panizza (1853-1921 in Bayreuth), deutscher Schriftsteller, Satiriker und Publizist. Zieht 1986 nach Zürich und gründet dort, da er in Deutschland keinen Verleger mehr fand, seine eigenen Verlag und gab darin ab Mai 1897 bis 1900 (Die Hefte für 1900 erschienen erst 1902) die «Zürcher Diskußjonen» heraus, die den Untertitel «Flugblätter aus dem Gesamtgebiet des modernen Lebens trugen». Grundfragen nach dem Verhältnis von Individuum und Staat, von Idee und Tat bestimmten die redaktionelle Ausrichtung der Zeitschrift. Themen waren neben der Literatur und Kunst religiöse, erotische, sittengeschichtliche und politische Essays, Satiren und Erzählungen. Unter den Artikeln finden sich so ungewöhnliche Titel wie Das Schwein in poetischer, mitologischer und sittengeschichtlicher Beziehung oder Christus in psicho-patologischer Beleuchtung.- In seinen Schriften attackierte Panizza den wilhelminischen Obrigkeitsstaat, die katholische Kirche, sexuelle Tabus und bürgerliche Moralvorstellungen. Als literarischer Individualist nimmt er eine Sonderrolle in der deutschen Literaturgeschichte ein: Der Einzelgänger der Münchner Moderne lässt sich nur grob zwischen Naturalismus und Expressionismus einordnen. Panizzas Schreibstil war spontan, flüchtig und unkonventionell – dem späteren Expressionismus ähnlich; dabei benutzte er ab 1893 eine phonetische Orthographie. Er verwendete zwar häufig die Formensprache des Naturalismus, doch ist der größte Teil seiner Erzählungen und seiner Gedichte auf das Innenleben des Erzählers ausgerichtet, das sich häufig stark von der realen Außenwelt unterscheidet. Seine Themen waren häufig autobiografisch geprägt und dienten ausdrücklich auch der Selbsttherapie des psychisch labilen Autors.Panizzas Hauptwerk ist das 1894 erschienene satirische Drama «Das Liebeskonzil» – eine in der Literaturgeschichte beispiellose antikatholische Groteske. Bedeutend sind daneben Panizzas bizarre Erzählungen, in denen er Realistik und Phantastik verband. Als äußerst polemischer Publizist setzte Panizza vor allem satirische Mittel ein um seine individualanarchistischen und atheistischen Überzeugungen zu verteten. Panizzas lyrisches Schaffen wird in erster Linie als bemerkenswertes Zeugnis seiner zunehmenden Geistesgestörtheit rezipiert. Waren die ersten Veröffentlichungen noch deutliche Nachahmungen romantischer Lyrik, so sind die expressiven Gedichte der 1899 erschienenen «Parisjan» inhaltliche wie stilistische Provokationen, die selbst von ehemals befreundeten Zeitgenossen als „Material für den Irrenarzt“ gewertet wurden.Das von spektakulären Literaturskandalen begleitete Werk Oskar Panizzas ist kaum von seiner bewegten Lebensgeschichte zu trennen: Nach einer streng pietistischen Erziehung und einer von Leistungsverweigerung geprägten Schulzeit wurde er Nervenarzt, wandte sich aber bald der Literatur zu. Seine blasphemischen Provokationen brachten ihn nach einem aufsehenerregenden Prozess 1895 ein Jahr lang wegen Gotteslästerung ins Gefängnis. Er gab die deutsche Staatsangehörigkeit auf und ging ins Exil nach Zürich und, nachdem er dort ausgewiesen wurde, nach Paris. Nach Erscheinen seines Gedichtbandes «Parisjana» 1899 – seines letzten gedruckten Werks – lief eine internationale steckbriefliche Fahndung wegen Majestätsbeleidigung nach ihm, und sein gesamtes in Deutschland verbliebenes Vermögen wurde eingezogen. Deshalb nach Deutschland zurückgekehrt, endete der ehemalige Irrenarzt Panizza, der sich während seines Studiums mit Syphilis infiziert hatte, selbst als paranoider, von Wahnvorstellungen und Halluzinationen beherrschter Geisteskranker in der Nervenklinik. Nach 16 Jahren in der Heilanstalt starb er 1921 im Bewusstsein, als Dichter gescheitert zu sein: „Ich hab umsunst gelebt“.