Bemerkung:
EA. Erschienen zur Ausstellung im Kunstmuseum Chur. Mit Ausstellungsverzeichnis. Texte dt./engl. - «Adrian Schiess, geb. 3. 8. 1959. 1975–76 Vorkurs an der Schule für Gestaltung Zürich. 1976–1980 Grafikerlehre. 1981, 1985 und 1988 Eidgenössisches Kunststipendium, 1983 Stipendium der Stadt Zürich, 1988 Studien- und Werkbeitrag des Kantons Zürich. 1996 Preis der Stiftung für die Graphische Kunst in der Schweiz. Wichtigste Ausstellungen (Auswahl): 1990 Aargauer Kunsthaus Aarau; Biennale di Venezia (Kirche San Staë); 1992 documenta IX in Kassel; 1993 ARC/Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris; 1994 Kunsthalle Zürich; 1996 Musée d’art et d’histoire, Genf, sowie Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz; 1998 Kunsthaus Bregenz; 2001 Neues Museum Nürnberg; 2004 Kunstmuseum Solothurn, Villa Merkel, Galerien der Stadt Esslingen; 2007 Indianapolis Museum of Art. 2008–2010 Le Parvis centre d’art contemporain, Ibos, Musée national Fernand Léger, Biot, sowie Musée d’Art Moderne, St. Etienne.1993 erste Arbeit in direktem Kontext mit Architektur im SUVA-Gebäude von Jacques Herzog und Pierre de Meuron in Basel; 1996 Farbkonzept für das Sportzentrum Davos von Annette Gigon und Mike Guyer. Seither entwirft der Künstler Farbgestaltungen, beispielsweise für die von Santiago Calatrava umgebaute Bibliothek der Universität Zürich, 2004, für die Wohnsiedlung Brunnenhof, Zürich (Architektur: Gigon/Guyer), 2007, oder für das Information Science Laboratory der ETH Zürich (Hönggerberg), 2008. Adrian Schiess lebt und arbeitet in Mouans-Sartoux, Frankreich.Auf dem Boden der Kunsthalle Winterthur verteilt Adrian Schiess 1984 bemalte Bretter und Klötzchen. Ein Jahr später legt er in der Zürcher Shedhalle gerissene, farbig gefasste Papiere übereinander. Die Umrissform der frühen Arbeiten erscheint oft zufällig, und noch 1987 gibt es farbige Spanplatten, die sich im Format zwar oft dem Rechteck annähern, aber unregelmässig gebrochene Kanten aufweisen. Die Gestalt anderer Werke – neben Platten auch quaderförmige Holzklötze – ist bestimmter, und sie wird bald zur Regel.1990 findet im Aargauer Kunsthaus Aarau die erste, grossangelegte Präsentation der Flachen Arbeiten statt: Präzis zugeschnittene, rechteckige Platten gleichen Formats werden mit Kanthölzern unterlegt und zu Reihen angeordnet. Auf den mit beigen, grauen und rötlichen Autolackfarben – meist monochrom, vereinzelt auch in Abstufungen – bemalten Flächen spiegelt sich der umgebende Raum, der damit zum Bestandteil der Installation wird. Im gleichen Jahr sind ähnliche Arbeiten in der Kirche San Staë in Venedig zu sehen und erzeugen dort im Zusammenspiel mit der barocken Architektur eine völlig andere Wirkung.Anfang der 1990er-Jahre beginnt Schiess mit einem neuen Träger zu experimentieren: An die Stelle der bisherigen Spanplatten treten Aluminiumplatten, auf denen sich der Glanz der Lacke noch stärker entfaltet. Als konsequente Weiterentwicklung und Perfektionierung seiner Methode erweist sich der Schritt zur industriellen Bemalung: Die Farbe wird nunmehr von Fachleuten aufgespritzt. Der Anteil des Künstlers reduziert sich auf die Auswahl der Farbe und die Bestimmung der Plattengrösse. Für das 1996 neu eröffnete Davoser Sportzentrum entwirft Adrian Schiess lediglich das Farbkonzept: In der Realisierung verbinden sich die starkfarbigen Flächen mit dem strengen, kompakten Baukörper der Architekten Gigon/Guyer.Kunsthistorisch besetzen Adrian Schiess’ Flache Arbeiten eine eigenartige Zwischenposition: Während der serielle Aspekt und die industrielle Herstellung in den Bereich der Minimal Art verweisen, schliesst die Handhabung der Farbe an die Tradition der monochromen Malerei an. Diese Zuordnung wird indes von den parallel entstehenden Fetzen – unregelmässig gerissenen, bunt bemalten Pappkartons, die den Bildcharakter negieren – wieder unterlaufen.Seit 1994 ergänzt Schiess diese beiden Werkgruppen durch grossformatige, mehrteilige und auf Platten gedruckte Abstrakte Fotografien, die er in seine Bodenlandschaften integriert. Auch hier interessieren ihn wie in seiner Malerei die unterschiedlichen Texturen und Oberflächen. Das gilt auch für die Videoarbeiten, die 1989 und Mitte der 1990er-Jahre entstehen – mit dem Unterschied, dass hier die aufgezeichneten Farbverläufe nicht nur gefilmt, sondern von einer entsprechenden Software digital generiert werden und eine Art immaterielle Malerei darstellen. Mit der Spiegelung der «digitalen Malerei» auf den Bodenplatten entsteht ein zirkuläres System, eine Reflexion des Bildes im und als Bild.Seit 1999 entstehen kleine, meist querformatige, aus unterschiedlichen Materialien geformte Bilder mit Objektcharakter, die der Künstler in mehreren Schichten und Farben pastos bemalt oder die Farbe direkt aus der Tube auf den Bildträger drückt. Auch wenn diese Bilder Titel wie Himmel, Schnee, Mimosas, Coucher du soleil oder Mondlicht tragen, steht nicht ihr Abbildcharakter, sondern die Materialität der Farbe im Vordergrund. Immer wieder sucht Adrian Schiess die Grenzen der Malerei zu verschieben, in dem er die Idee und die Praxis des Mediums reflektiert und die Definition des Bildes als Objekt in Frage stellt» (SIKART).