Bemerkung:
Seit bald 350 Jahren wird er in Wil als Schutzpatron verehrt. Er soll Gläubige von Schmerzen befreit und ihnen bei unerfülltem Kinderwunsch geholfen haben.Die Reliquien dieses christlichen Märtyrers stammen, so sagt eine «Echtheitsurkunde» des Bischofs von Rom, aus einer Katakombe unter der Kirche San Lorenzo fuori le Mura in Rom. Pancratius ist um das Jahr 304 unter Kaiser Diokletian gestorben. Wie viele andere Glaubenszeugen fand er zur Zeit des Römischen Reichs in einem unterirdischen Friedhof seine letzte Ruhe.Zum Vorschein kamen die Katakombenheiligen erst wieder gegen Ende des 16. Jahrhunderts, als Arbeiter zufällig den verschütteten Eingang zu einer der Grabstätten entdeckten. Gleich darauf begann die Verehrung der Gebeine dieser Märtyrer. Der katholischen Kirche war diese Art der Volksfrömmigkeit zur Zeit der Gegenreformation sehr willkommen. «Man brauchte damals ein Manifest, etwas zum Anfassen, etwas, das man auch konkret sehen kann», sagt der Wiler Stadtarchivar Werner Warth. Er hat zusammen mit Elias Gyger das Buch «Gut Ding muss Wyl haben» geschrieben, das sich dem Katakombenheiligen Pancratius widmet. Dessen Gebeine sind im April 1672 unter riesiger Anteilnahme der Bevölkerung nach Wil überführt worden.«Bis heute steht nicht fest, ob es sich beim Skelett in der St. Nikolauskirche wirklich um die Überreste des Märtyrers Pancratius handelt», sagt Werner Warth. Es wurde nämlich nie untersucht, wie alt die Gebeine sind. Obwohl dies mit den heutigen analytischen Mitteln möglich wäre. Klar ist: Der Wiler Pancratius hat in den Menschen etwas bewegt – und die Menschen haben ihn bewegt. So wurde er, wie schon vorher oft, an einer fotografisch gut dokumentierten Prozession von 1922 feierlich durch Wil getragen.1999 reiste der Katakombenheilige sogar nach Paris. Dort war er Teil der Ausstellung «la mort n’en saura rien» (Der Tod wird ihnen nichts antun). Pancratius’ Foto schmückte sogar das Titelblatt des Ausstellungskataloges. Zehn Jahre zuvor geriet der Knochenmann dafür landesweit in die Schlagzeilen. Pietätlose Räuber entwendeten seinen Schädel, der Rest blieb unangetastet. Die Bestürzung in der Kirchgemeinde war gross. Einige Wochen später tauchte der Schädel wieder auf. Er befand sich in einem Plastiksack, der an die Kirchentüre gehängt worden war. Die Täterschaft ist jedoch bis heute unbekannt. [Ursula Ammann].