Bemerkung:
Leonhard Neidharts neues Buch «Die politische Schweiz» bietet gleich zwei Überraschungen. Die erste: Lange Zeit gab es nur wenige Gesamtdarstellungen des schweizerischen Politiksystems. Nun ist - nach Hans-Peter Kriesis «Le système politique suisse», «Schweizerische Demokratie» vom Autor dieser Rezension sowie dem neuen «Handbuch der Schweizer Politik» - innert weniger Jahre eine vierte Publikation zum Thema erschienen. Sie alle dokumentieren das lebhafte Interesse von Politikwissenschaftern, auch im spezialisierten Hochschulbetrieb und in der zunehmenden Unübersichtlichkeit schweizerischer Politik den Blick aufs Ganze zu wahren.Die zweite Überraschung: Neidhart, jüngst von seinem Lehrstuhl in Konstanz emeritiert, legt uns ein Buch vor, das völlig quer liegt zum akademischen Mainstream. Es gibt sich absolut unmodisch gegenüber den Trends, den gängigen Themen und empirischen Forschungsergebnissen der Politikwissenschaft, was vielleicht einige Kollegen ärgern mag. Stattdessen präsentiert der Autor die Früchte einer wachen Auseinandersetzung und eines lebenslang kreativ gebliebenen Nachdenkens über die politische Schweiz. Beides wird durch eines zusammengehalten und fokussiert: durch die Sprache und den Ansatz der funktionalen Systemtheorie, wie wir sie vor allem durch Niklas Luhmann kennen.(NZZ)