Untertitel / Graf. Technik:
Biblioteca Estense Universitaria, Modena, alpha U.6.7. (Faksimile u. Kommentar, 2 Bde.)
Buchdaten / Blattgrösse:
8° (21,5 x 16,5 cm) 256 Seiten (128 numerierte Blätter) der Handschrift und der Kupferstich Albrecht Dürers wurden im Originalformat von 21,5 x 16,5. Kommentarbd.: 200 S.
Bemerkung:
Vergriffen. Nr. 87 von 999 Exemplaren.Ein deutsches Andachtsbuch für Albrecht von Brandenburg. Wenige Bilderhandschriften aus der Spätzeit des Mittelalters strahlen soviel Harmonie aus wie das in deutscher Sprache abgefaßte Glockendon-Gebetbuch, das im Jahr 1534 geschaffen wurde.Der Meister der wunderbaren Miniaturen ist Nikolaus Glockendon, der berühmteste Sproß der Nürnberger Künstlerfamilie. Er schuf es für den Kardinal Albrecht von Brandenburg, einen der größten Kirchenfürsten der Reformationszeit.Was nach dem Tode Albrechts von Brandenburg mit dem Gebetbuch geschah, ist nicht bekannt. Nur durch einige Besitzereinträge in der Handschrift selbst können wir einige Schlüsse auf ihre Geschichte ziehen.So geht aus einer Eintragung aus dem 18. Jahrhundert hervor, daß zu dieser Zeit die Handschrift im Besitz eines Grafen Csobor war. Diese Familie war eine der vornehmsten Ungarns. Ein Mitglied kämpfte auch im Dreißigjährigen Krieg, aus dem er die Handschrift, vermutlich als Kriegsbeute, mitbrachte.Der letzte Sproß des Hauses war ein schlechter Verwalter seiner Güter, und so mußte er sich aus Geldnot von seinen Kunstschätzen, so auch vom Glockendon- Gebetbuch, trennen.Über einen Wiener Antiquitätenhändler gelangte das Werk an den Marchese Tommaso Obizzi del Cataio, der allerdings seinerseits der letzte seines Geschlechts war; so ging seine Sammlung und auch unser Werk 1803 auf dem Erbweg an die Casa d'Este über.Nikolaus Glockendon war der bedeutendste und begabteste Sproß einer Künstlerfamilie, die seit der Mitte des 15. Jahrhunderts in Nürnberg tätig war. Er war vor allem von den großen deutschen Meistern seiner Zeit wie etwa Dürer, Schongauer oder Cranach beeinflußt. Diese prägten den Duktus und die Farbgebung seiner Bilder.Es war auch Albrecht Dürer, der Albrecht von Brandenburg zu Beginn des 16. Jahrhunderts auf den jungen Glockendon aufmerksam gemacht hatte. Doch auch andere Fürsten wußten die Qualität unseres Meisters zu schätzen, wie etwa Herzog Johann von Sachsen oder Herzog Albrecht von Preußen.Ideal war das geistige Umfeld, in dem die Kunst Glockendons sich zum letzten Höhepunkt der deutschen Buchmalerei aufschwingen konnte: Nürnberg befand sich an der Schwelle zur Neuzeit auf dem Höhepunkt seines Glanzes. Diesen Glanz verdankte die Stadt vor allem ihrem wirtschaftlichen Aufschwung, aber auch Kunst und Wissenschaft standen in hoher Blüte.Mit nur 23 Jahren wurde Albrecht von Brandenburg Erzbischof von Magdeburg und Administrator des Bistums Halberstadt. Schon ein Jahr später wurde er Mainzer Erzbischof und 1518 bereits Kardinal.Selbst für ein Mitglied einer so bedeutenden Familie, wie die seinige es war, bedeutete das eine sehr steile Karriere; und die kostete auch Geld. So erwirkte Albrecht von Papst Leo X. das Ablaßmonopol für Deutschland. Die Konsequenzen des Ablaßhandels sind bekannt, kumulierten sie doch im Anschlag der 95 Thesen in Wittenberg durch Martin Luther.Dennoch: Als glänzender Theologe umgab sich Albrecht von Brandenburg mit den Großen des deutschen Humanismus; Erasmus von Rotterdam, um ein prominentes Beispiel zu nennen, war sein Freund. Als Liebhaber der Künste schmückte er seine Residenzen mit den bedeutendsten Werken deutscher Meister. Trotz seines später eingeschlagenen Weges gehörte er bis 1537/38 zu jenen Kirchenfürsten, die sich bemühten, im Glaubensstreit mit Martin Luther vermittelnd auf alle Parteien einzuwirken.Betrachtungen und Bilder zum Leben Jesu Den auch für den heutigen Benützer gut lesbaren Text hat Nikolaus Glockendon mit 42 farblich ausgewogenen Miniaturen zum Leben Jesu und mit dem prachtvollen Wappen des Mainzer Erzbischofs geschmückt. In die Rahmen der Bilder setzte er Szenen aus dem Alten Testament, die das Heilsgeschehen des Neuen Testaments schon visionär angedeutet hatten. Die biblischen Szenen spielen sich in einer sehr konkreten mittelalterlichen Welt ab.Seinen Bildern hat Glockendon einen Kupferstich seines Freundes Albrecht Dürer beigefügt, der aus dem Jahr 1523 stammt. Doch nicht nur die Bilder machen die Qualität der Handschrift aus, auch die 62 Prunkinitialen des Buchmalers und Mitarbeiters Glockendons, Georg Stierlein, begeistern durch ihre Ausführung und prachtvolle Ausstattung.Alle 256 Seiten (128 numerierte Blätter) der Handschrift und der Kupferstich Albrecht Dürers wurden im Originalformat von faksimiliert. Die verschiedenen Goldarten von Nikolaus Glockendon und Georg Stierlein werden originalgetreu differenziert und in unterschiedlichen, teils handwerklichen Techniken wiedergegeben. Mit mattem Goldschnitt versehen, entsprechen die einzelnen Blätter mit ihren leicht unregelmäßigen Formaten genau dem Original. Die weitere Verarbeitung der einzelnen Doppelblätter erfolgt in akribischer Handarbeit nach altem Vorbild. So werden alle Blätter mit der Hand geheftet und das Kapitalband von Hand umstochen.Der Einband ist eine getreue Replik des Originals. Er wird aus feinstem Kalbsleder hergestellt und ist mit den Nachbildungen der originalen Schließen versehen. Die Ausgabe erscheint als Koedition in einer Weltauflage von nur 999 Exemplaren. Die für den deutschsprachigen Markt reservierte Edition des Faksimile Verlag Luzern ist auf 420 Exemplare limitiert.Der wissenschaftliche Kommentarband führt Sie in die Geheimnisse der Handschrift ein. Als Herausgeber fungiert Prof. Dr. Eberhard König, Freie Universität Berlin. Weitere Beiträge stammen von Ulrich Merkl, Regina Cermann und Dr. Ernesto Milano, Direktor der Este-Universitätsbibliothek von Modena.