Description:
Unten rechts monogrammiert T S 64. Traugott Schieß (1834 St. Gallen - 1869 München). Landschaftsmaler. Gebirgsveduten und Ideallandschaften. Tätig in München und in der SchweizTraugott Schiess wurde als Sohn des Pfarrers Johann Heinrich Schiess in St. Gallen geboren. Er verbrachte seine Kindheit und Jugend zum grössten Teil in Grabs in einem vom väterlichen Pietismus geprägten Umfeld. Nach Abschluss des Schulbesuchs liess er sich in St. Gallen zum Lithografen ausbilden. 1851 folgte er seinem Bruder Heinrich, dem späteren Professor für Augenheilkunde, nach Basel und wurde Schüler des Landschaftsmalers und Aquarellisten Friedrich Horner. 1854 übersiedelte Schiess nach München, wo ihn Johann Gottfried Steffan als Schüler in sein Atelier aufnahm. Daneben besuchte er Abendkurse an der Akademie und übte sich bei Friedrich Voltz in der Tiermalerei.Ab 1855 unternahmen Schiess und Steffan mit Freunden Studienreisen in die bayrischen Alpen und in die Schweiz. 1857 und in den folgenden Jahren verbrachten die beiden den Sommer gemeinsam mit andern Malern auf der Richisau im Klöntal. Dort lernte Schiess Rudolf Koller kennen, der zu seinem Vorbild wurde und bei dem er in der Folge zweimal für kurze Zeit seine Studien in der Tiermalerei fortsetzte. 1858–59 teilte er in München die Wohnung mit Jost Schiffmann, danach mit Theodor Schütz. In diese Zeit fallen Begegnungen mit Franz von Lenbach und Arnold Böcklin, der in Steffans Atelier arbeitete. 1862 heiratete er Emilie Steffan, die älteste Tochter seines Lehrers. Schon immer kränklich, verschlechterte sich sein Gesundheitszustand 1868 merklich. Ein Jahr später starb er an einer Lungenentzündung, von der er sich in Davos vergeblich Heilung erhofft hatte.Obwohl die Schaffenszeit von Traugott Schiess nur gerade gut 15 Jahre umfasst, lässt sich sein Werk in verschiedene Phasen einteilen. Das Frühwerk besteht aus kleinmeisterlichen Aquarellen biedermeierlicher Prägung, grossenteils Kopien nach deutschen Romantikern, die den Einfluss von Horner verraten. In München wandte sich Schiess der Ölmalerei zu, wobei seine ersten Werke Kopien nach Steffan und Voltz sind. Innerhalb von drei Jahren übernahm Schiess die Technik und die Naturauffassung von Steffan vollständig, so dass es schwierig ist, unsignierte Werke der späten fünfziger Jahre dem einen oder andern zuzuschreiben. In diese Zeit fallen vor allem kleinere Gebirgsansichten, die von einer sicheren Pinselführung und einem feinen Farbsinn zeugen. Obwohl er sich bei Koller in den folgenden Jahren intensiv dem Studium der Tiere widmete, dienten ihm diese jedoch selten als eigentliches Sujet, sondern vielmehr als Staffage für seine Landschaften. Kollers Einfluss macht sich auch in der Abwendung von Steffans disziplinierter Pinselführung und in der Hinwendung zu einem freieren Duktus bemerkbar. Hauptmotive der Zeit um 1860 sind Bergbäche, Wasserfälle, kleine Ausschnitte aus Gebirgslandschaften und Detailstudien, die sich durch eine grosse Naturtreue in der Farbwahl auszeichnen.Etwa ab 1863 begann Schiess ein Schwergewicht auf Ideallandschaften mit dramatischer Wolkenstimmung zu legen. Farblich und technisch orientierte er sich an den Malern von Barbizon. Unklar ist, ob die Schwere dieser Stimmungsbilder auf Böcklins Einfluss zurückgeht. Neben bekannten Malern wie Eduard Schleich dem Älteren kann Schiess sowohl zu den ersten Rezipienten des Paysage intime in München und der Deutschschweiz als auch zu den Vorläufern des typischen Münchner Naturlyrismus der Jahrhundertwende gerechnet werden. Die zahlreichen in Deutschland und der Schweiz, nach England und Amerika verkauften Bilder zeugen von seiner Beliebtheit, und die Präsenz seiner Werke an der Berliner Jahrhundertausstellung von 1906 zeigt, dass man ihm damals einen gewissen Stellenwert innerhalb der deutschen Kunstgeschichte zubilligte.Werke: Öffentliche Kunstsammlung Basel; Kunstmuseum St. Gallen; Schweinfurt (D), Sammlung Georg Schäfer; Kunsthaus Zürich. (SIK - Markus Schöb, 1998)