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Nova Rhaetiae descriptio atque totius Helvetiae 1538. Collection Alter Karten. Facsimile Reproduction. (M 1 : 350.000)
Condition:
Von Mappe nur noch Frontdeckel vorhanden, dieser mit fehlstellen und beschienen. Kartenblätter mit Randläsuren, etwas knittrig. Innerhalb des Druckstockes aber sauber.
Description:
3. Auflage. Die erste Auflage wurde 1538, die zweite Auflage 1560 gedruckt. Die Druckplatten der vorliegenden Auflage wurden 1962 wieder aufgefunden und nochmals als 4. Auflage bei Matthieu in Zürich gedruckt. - In seinem bekannten Buch «Die Schweiz auf alten Karten» erörtert Leo Weisz in einem besondern Abschnitt eine zweite Schweizer Karte Aegidius (genannt Gilg) Tschudis (1505 bis 1572) und ihre Nachzeichnungen. Diese Ausführungen bedürfen der Überprüfung. Sie soh im folgenden vorgenommen werden. Im Jahre 1538 war als Beilage zur «Uralt wahrhafftig Alpisch Rhetia» die Erstausgabe der Schweizer Karte Tschudis erschienen. Von dieser Erstausgabe ist kein Exemplar mehr vorhanden. 1560 wurde diese Karte ein zweites Mal gedruckt, wovon ein einziges Exemplar erhalten ist, das sich in der Universitätsbibliothek in Basel befindet. Daß seine Schweizer Karte von 1538 Mängel aufwies, ist Tschudi bewußt gewesen; schreibt er doch selber an Josias Simmler in einem Brief vom 28. November 1565: «Dann ich etwas ze ändern und ze bessern gesinnt war» und in einem weitern Schreiben vom 1. August 1569 an denselben: «Die Mappa unser Eidgnoßschaft so ich uech geben, bit ich uech, so sie in truck uß gon wurd, mines Namens nit ze gedenken, als ob es durch mich ernüwert, dann mich wurd der Rum nit fröwen und zewider sin. Man mag auch wohl melden, daß die mappa, so von mir ußgangen, gemehret und gebessert sig, aber nit, daß ichs geton und gemacht hab. »lTschudi hat somit seine erste Karte zu verbessern und zu ergänzen getrachtet. Tatsächlich bestehen verbesserte Kartenzeichnungen von seiner Hand, und zwar vom Gebiet nördlich der Alpen. Diese befinden sich in der Stiftsbibhothek in St. Gallen, in den Codices 664 (Seiten 202 und 203), 640 (Seiten 90 und 91) und 663 (Seite 715, auf diesem Blatt nur ein kleines Gebiet am Genfersee). In drei Blättern umfassen sie das Gebiet nördlich der Linie Genf-Interlaken-Engelberg-Elm-Klosters und bilden ein zusammenhängendes Ganzes; denn im Anschluß sind sie einander genau angepaßt. Ihr mittlerer Maßstab ist rund 1 : 400000, also etwas kleiner als seine erste, der Rhetia beigelegte Karte von 1538 im Maßstab von zirka 1 : 350000. Vergleicht man nun beide Schweizer Karten Tschudis, seine erste von 1538 und die Zeichnungen in der Stiftsbibliothek in St. Gallen, so fällt vor allem folgendes auf: Die erste Karte ist südorientiert, die zweite nach Norden. Die Rechtsdrehung, das heißt die Drehung des Nordostens gegen Süden, ist auf beiden dieselbe. Die zweite Karte ist klarer und übersichtlicher in der Darstellung, das Gebirge in einfachster Schuppenform, während dem auf der ersten Karte die Gebirgszeichnung zu stark hervortritt. Auf der zweiten Karte ist das Flußsystem verzweigter; es sind mehr Nebenflüsse und auch mehr Ortschaften angegeben. Einen bemerkenswerten Fortschritt in der Darstellung weist die Zentralschweiz auf, ebenso das Gebiet des Zürichsees und das Glarnerland. Es sind die Gebiete, die Tschudi am nächsten lagen und die er aus eigener Anschauung kannte. Außer dem Zürichsee ist besonders der Vierwaldstättersee besser dargestellt, und zwar so gut wie nie zuvor. Auffallend ist sodann, daß der östliche Teil der Schweiz wesentlich genauer ist und viel mehr Einzelheiten enthält als der Tschudi weniger bekannte westliche Teil, der entsprechend ungenau und leer erscheint. Merkwürdigerweise sind auf der zweiten Karte der Neuenburger- und Murtensee in Lage und Form schlechter gegeben als auf der ersten Karte von 1538. Im allgemeinen sind auf der zweiten Karte die Flußläufe generell und gestreckt dargestellt und weniger natürlich als auf der ersten. Doch ist auch in der Westschweiz verschiedenes «verbessert und ernüwert», wie sich Tschudi ausdrückt. Originell ist Tschudis Darstellung des Waldes. Aufs Ganze gesehen, erhält man den Eindruck, daß die zweite Karte neu und unabhängig von der alten entstanden ist. (Walter Blumer).