Description:
Stempel a. Vors. Bibliotheksexemplar P.Stg (P. Steiger).- Werner Hegemann (* 15. Juni 1881 in Mannheim; † 12. April 1936 in New York, NY) war ein Stadtplaner, Architekturkritiker und politischer Schriftsteller. 1924 wurde Hegemann Herausgeber der bekannten Architekturzeitschrift Wasmuths Monatshefte für Baukunst und des ebenfalls im Wasmuth Verlag erscheinenden Städtebau. Die außergewöhnlich hohe Zahl, stilistische Bandbreite und internationale Herkunft der besprochenen Bauten machten die von ihm redigierte Zeitschrift zur Ausnahmeerscheinung unter den zeitgenössischen Journalen. Mit einem literarisch-polemischen Kritikstil, der sich vom Manifest-Stil der Modernen scharf abhob, opponierte Hegemann gegen formalen Modernismus und akademische Traditionen und votierte für eine gemäßigte Moderne. «Le journal, c’est un monsieur», hörte J. J. P. Oud 1927 über Hegemann sagen.Hegemann bewegte auch Andersdenkende, bei ihm zu schreiben. Er inszenierte Streitfälle um der anschließenden Beiträge und Diskussionen willen, und er kritisierte durch Auslassung – Architekten des Rings wurden selten besprochen – wie durch Protektion, etwa der Stuttgarter Schule. Auch darin heftig umstritten, sahen ihn die Initiatoren des CIAM gar als einen „Erzfeind“, reüssierte er mit der Belebung der Debatten, so dass Paul Westheim ihn „einen geborenen Widersprecher“ nannte. Zeitweise mit der konservativen Architektengruppe Der Block assoziiert, wandte Hegemann sich ab 1930 der großstädtischen Moderne Erich Mendelsohns und der Brüder Hans und Wassili Luckhardt zu, in der er eine kommende Klassik erkannte, um sie nachdrücklich zu unterstützen. Daher endete seine Herausgeberschaft der Architekturzeitschrift 1933 mit einer kritischen Abrechnung mit Paul Schmitthenner, der, lange von Hegemann protegiert, sich zu Adolf Hitler bekannt hatte. Hegemann verließ aufgrund der Warnungen seines Verlegers Jakob Hegner noch im Februar 1933 das Land. Er fuhr in die Schweiz, wohin ihm seine Familie im April folgte. Bei den Bücherverbrennungen des 10. Mai 1933 wurden Hegemann und Emil Ludwig als „Geschichtsverfälscher“ namentlich genannt; im Mai 1934 wurde sein Haus beschlagnahmt, im Juni 1935 Hegemann expatriiert und ihm noch 1938 der Doktortitel aberkannt.Alvin Johnson lud Hegemann ein, in New York an der New School of Social Research Stadtplanung zu lehren. Im November 1933 traf die Familie in New York ein, und Hegemann, der zwar der Hoffnung Ausdruck gab, dass Hitler nicht viel länger als ein Jahr regieren werde, und sich doch zugleich der Kriegsvorbereitungen gewiss war, begann seine Lehrtätigkeit unter zahlreichen deutschen Kollegen. 1935 gelang es seinem früheren Mitarbeiter Joseph Hudnut, inzwischen Dekan der Architekturfakultät der Columbia University, das Geld aufzubringen, um Hegemann als Dozenten anstellen zu können. Hegemann las über Planung im Rahmen eines neuen, an den Sozialwissenschaften orientierten Curriculums.In den USA nahm Hegemann seine politische Kritik erneut auf, um angesichts der politischen Erfahrungen in Deutschland Roosevelts New Deal zu unterstützen. So postulierte er etwa in seinem letzten Buch City Planning Housing von 1936 in der Nachfolge Lincolns und der Abolitionists Slumbesitzer entschädigungslos zu enteignen – wodurch er zum wiederholten Male politisch weit über das Denken seiner Verbündeten hinausging. Der zweite Band und ein großer, an den American Vitruvius anschließender Thesaurus zeitgenössischer Planung wurde nach seinem Tod von seinen Freunden herausgegeben.